DIE FIEBERHAFTE JAGD NACH DEM WEISSEN ALPHORN
© von Michael Krüger, 2006
© von Michael Krüger, 2006
Nachdem ich Ende der 80er mit einem schönen, aber total abgerockten 50er-Jahre Trixon-Luxus in Blue-Sparkle-Finish die ersten Drum- und Bandversuche mit der New-Wave-Band Atomics gestartet hatte, verfolgte mich eine Erinnerung an alte 70er-Jahre-Musikladen und Disco-77-Live-Sendungen. Merkwürde Fisheye- und Superweitwinkelkamerafahrten in trichterartige Kessel. Ich konnte mich nur schwach an Sequenzen mit diesen eigenartigen Kits erinnern und suchte nach Informationen. Schließlich entdeckte ich einen Artikel in einem englischen Schlagzeugmagazin über North aus den USA. Keine Frage - das waren diese seltsamen Drums. Nach einiger Recherche nach diesen ausgestorbenen Fiberglas-Kits fand ich ein Foto von einem Staccato-Drum. Noch skurriler. Ein Ding, das gar nicht mehr aussah, wie ein klassisches Drum: Eher wie etwas organisches - weiße Materie, die auf dem Boden liegt.
Etwas organisches, das auf dem Boden liegt
Das erste designte, asymetrische Drumkit der Welt. Ende der 80er-Jahre entdeckte ich eine Anzeige in einem Musikmagazin. „Staccato-Bassdrum. Sehr laut. Für 500 DM zu verkaufen“. Ich bekam sofort feuchte Finger und rief an. Der Verkäufer sprach von unglaublichem Design und totalem Druck. Ich reizte meinen Dispo aus, rief nochmal an, um zu bestätigen worauf mir der Typ - keine zwei Stunden später ein – „Sorry, leider schon verkauft!" entgegnete. „Arghhh!“ Ich schaltete „Suche“ Anzeigen in zwei Magazinen. Einige Wochen später bekam ich ein Angebot aus Hannover. Ein Student wollte sein Kit loswerden. Ich habe mir von unserem Gitarristen Werner Walczak seinen formschönen und spritsaugenden VW „411 Kombi“ geliehen und bin mit Atomics-Sänger Jenne nach Hannover gefahren. In einer ehemaligen Eisfabrik stand dieses unglaubliche Schlagzeug – es verschlug mir wirklich den Atem: Zwei Bassdrums, drei tiefe Hängetoms und ein seltsam verschlungenes Standtom. Komplett in Weiß! Gigantisch! Mehr als ein Schlagzeug. Eher die Requisite eines Science-Fiction-Films: 70er-Jahre Futurismus in Reinstform! Weltron-Design
Das Staccato (2x 22", 12", 13", 14", 16") war in exzellentem Zustand und wechselte für 1500 DM den Besitzer. Ich habe es die ersten Jahren auch live mit den Bands „Atomics“ und „Eiskalte Gaeste“ eingesetzt. Für zwei Jahre habe ich es bei Tom im Out-O-Space-Tonstudio in Göttingen (Das einzige Studio der Welt, das dieses Kit, alleine wegen des Namens verdient hätte) sowie auf dem Dachboden korridieren lassen, bis ich 1994 nach Hamburg ging. 1995 habe ich das Kit wieder reanimiert und im Ü-Raum und live in Hamburg und Umgebung mit der Dark-Wave-Band „Bythesea“ eingesetzt. Wo auch immer ich spiele: Das Staccato-Kit ist immer eine unheimliche Show. Design-Freaks und Sammler interessieren sich sehr für die futuristische Vision der 70er-Jahre. Der Zeitgeist der Weltron-Kugelradios und Eero-Aarnio-Ballchairs in Schlagzeugform modelliert. Klar: Es sind ein Oldtimer! Ich hatte bisher drei Kits. Zwei habe ich verkauft. Mein „Best of all“ habe ich im Winter 2002/2003 vollkommen restauriert. Alle Chromteile sind neu. Ich habe ein alternatives Halterungssystem (RIMS) mit Rackrohr eingesetzt, die Bohrungen für die Halterungen an den Kesseln sind alle geschlossen. Alle Schrauben sind neu und bräuniert und die Kessel entgratet. Mein Kit „Voyager 8“: 6", 8", 10", 12", 14", 16", 2 x 22", 14“ x 10“. Weiß.
Etwas organisches, das auf dem Boden liegt
Das erste designte, asymetrische Drumkit der Welt. Ende der 80er-Jahre entdeckte ich eine Anzeige in einem Musikmagazin. „Staccato-Bassdrum. Sehr laut. Für 500 DM zu verkaufen“. Ich bekam sofort feuchte Finger und rief an. Der Verkäufer sprach von unglaublichem Design und totalem Druck. Ich reizte meinen Dispo aus, rief nochmal an, um zu bestätigen worauf mir der Typ - keine zwei Stunden später ein – „Sorry, leider schon verkauft!" entgegnete. „Arghhh!“ Ich schaltete „Suche“ Anzeigen in zwei Magazinen. Einige Wochen später bekam ich ein Angebot aus Hannover. Ein Student wollte sein Kit loswerden. Ich habe mir von unserem Gitarristen Werner Walczak seinen formschönen und spritsaugenden VW „411 Kombi“ geliehen und bin mit Atomics-Sänger Jenne nach Hannover gefahren. In einer ehemaligen Eisfabrik stand dieses unglaubliche Schlagzeug – es verschlug mir wirklich den Atem: Zwei Bassdrums, drei tiefe Hängetoms und ein seltsam verschlungenes Standtom. Komplett in Weiß! Gigantisch! Mehr als ein Schlagzeug. Eher die Requisite eines Science-Fiction-Films: 70er-Jahre Futurismus in Reinstform! Weltron-Design
Das Staccato (2x 22", 12", 13", 14", 16") war in exzellentem Zustand und wechselte für 1500 DM den Besitzer. Ich habe es die ersten Jahren auch live mit den Bands „Atomics“ und „Eiskalte Gaeste“ eingesetzt. Für zwei Jahre habe ich es bei Tom im Out-O-Space-Tonstudio in Göttingen (Das einzige Studio der Welt, das dieses Kit, alleine wegen des Namens verdient hätte) sowie auf dem Dachboden korridieren lassen, bis ich 1994 nach Hamburg ging. 1995 habe ich das Kit wieder reanimiert und im Ü-Raum und live in Hamburg und Umgebung mit der Dark-Wave-Band „Bythesea“ eingesetzt. Wo auch immer ich spiele: Das Staccato-Kit ist immer eine unheimliche Show. Design-Freaks und Sammler interessieren sich sehr für die futuristische Vision der 70er-Jahre. Der Zeitgeist der Weltron-Kugelradios und Eero-Aarnio-Ballchairs in Schlagzeugform modelliert. Klar: Es sind ein Oldtimer! Ich hatte bisher drei Kits. Zwei habe ich verkauft. Mein „Best of all“ habe ich im Winter 2002/2003 vollkommen restauriert. Alle Chromteile sind neu. Ich habe ein alternatives Halterungssystem (RIMS) mit Rackrohr eingesetzt, die Bohrungen für die Halterungen an den Kesseln sind alle geschlossen. Alle Schrauben sind neu und bräuniert und die Kessel entgratet. Mein Kit „Voyager 8“: 6", 8", 10", 12", 14", 16", 2 x 22", 14“ x 10“. Weiß.
Akustikfelle
Wer den ultra-trockenen 70er-Sound sucht, wird ihn beim Staccato finden finden. Man erreicht mit dem Kit einen wirklich fantastischen, tiefen und druckvollen Punch. Ein 8" klingt eher wie ein 10", ein 10" eher wie ein 12"er Tom etc. Kessel entgraten Empfehlung: Die Kesselränder entgraten. Hier haben sich die Konstrukteure nicht die größte Mühe gegeben. Eine Nachbearbeitung garantiert die nötige plane Fellauflage und garantiert damit ein optimales, freies Stimm- und Schwingverhalten. Felltipp Fellempfehlung: Ich habe anfänglich auf Remo Pin-Stripes oder Evans Hydraulic (Ölfell) beharrt. North Drums wurden beispielsweise ab Werk mit Remo Fiberskin Fellen geliefert (Bassdrum). Für die Bassdrum sind gedämpfte Felle ok - für die Toms eher zweite Wahl, denn die zweischichtigen Felle rauben dem Sound die letzten Obertöne, die vorhanden sind. Einschichtige, dünnere Felle wie Remo „Ambassador“ oder die gedämpften Remo „Powerstroke 3“ sind die bessere Entscheidung. Dämpfung Die Toms nicht mit „Moongel“ oder Gaffa-Tape dämpfen. Lasst sie frei schwingen. Schneidet euch drei Zentimeter breite Ringe aus alten Fellen heraus oder kauf die fertigen Ringe und legt die als Dämpfung auf die Toms. Hier erlebt ihr beim Staccato ein echtes akustisches Wunder. Die Toms fangen an etwas nachzuschwingen. |
BeStaccato: der Öltanker unter den Drumkits
Das Design ist unglaublich, der Sound bombastisch – die Verarbeitung ist leider elendig. Auch hinsichtlich der Roadtauglichkeit gibt es praktischere Kits. Letzteres wird der geneigte Staccato-User aber verschmerzen können. Als besonders nachteilig wirkt sich die lausige Verarbeitung aus sowie die vollkommen überforderte und unausgereifte Original-Hardware aus.
Immense Lautstärke - wenig Soundvariationen
Aber auch akustisch hat das Kit einige klare Nachteile. Die Drums sind Single headed, also „offen“ und besitzen keine Resonanzfelle. Das war in den 70-er- und 80er-Jahren auch voll okay. Die meisten Drummer haben ohnehin ohne Resonanzfelle gespielt. Beim normalen Kit kann man die auch jederzeit wieder montieren, wenn man wärmere Sounds sucht. Beim Staccato oder North geht das natürlich nicht. Konstruktionsbedingt ist der Sound wenig variabel. Aber wer erwartet bei einem 70er-Vintage-Kit schon akustische Wunder. Beim 77er Lotus „Esprit“ vermisst ja auch niemand Klimaanlage, ABS und Einparkhilfe. Aber ganz klar: Sound-Esoteriker, Feingeister und Holz-Fetischisten werden an Acryl- und Fiberglaskits wenig Freude haben.
Misfits - nicht gesellschaftsfähig
Auch bei mir schmälerte die geringe Soundvariabilität, verbunden mit der brachialen Lautstärke, das Vergnügen an diesen Drumsets. Da ich auch andere Akustik-Drums habe, bin ich mir der Nachteile natürlich bewusst. Das Staccato-Kit verkam auch bei mir zur Requisite. Für einige OT-Videos und auch live habe ich das Staccato übrigens hin und wieder eingesetzt. Das letzte mal beim „Avantgarde-Festival“ in Schiphorst 2011 - dort war das Set wieder eine tolle Show (siehe Video „Schlacht“. Die PA und der Tonmixer waren gut!
Aber ansonsten: Was macht man nun mit diesem „Fiberglasöltanker“, damit er nicht als reines Museumsstück in der Ecke verstaubt? Die einzige Antwort - man sieht es ja: Ich habe es zu Hause als E-Drum zum üben und einspielen benutzt. „What?“. „Wie bitte?“. „Was hat das jetzt mit Staccato-Drums zu tun?“ Ist schon klar. Ich meine man könnte auch alternativ eine Strumpfhose über eine „Omo“-Tonne spannen (ältere Konsumenten werden die gigantischen Waschmittel-Eimer kennen) und Trigger montieren, aber – ja was aber?
Formaganda
Hauptgrund war meine Vision, die Optik des Staccato-Kits mit modernen, variablen Sounds zu kombinieren: Yaw Afram und Roland Bogdahn (Synocopix) suchten Anfang der 2000er einen Live-Drummer für die Umsetzung von „Formaganda“, einen Drum´n´Bass Liveact mit Bass, Rhodes, Keys, Percussion und Drums. Beim Casting hab ich den Job bekommen und da die beiden Macher großen Wert darauf legen, dass genau (!) die Drumsounds der CD eingesetzt werden habe ich via „Midi-Bulk-Dump“ die Original-Samples der Composings benutzt. Nur die Idee live mit einem Tanzmucker E-Kit zu bestehen wollte mir nicht ganz behagen. Als ich den beiden mein Staccato-Kit zeigte waren sie sofort begeistert. Leider löste sich die ganze Band nach zahlreichen Proben und den ersten Auftritten mit Songs mit 180 Beats per minute schneller auf, als der Schall. Wirklich schade, weil es eine Riesenband war. Ich war zwar nur als Sideman dabei - aber ich die Musik war einfach klasse. Die Tracks von Roland sind der Hammer (er hat es dann mit „Syncopix“ geschafft, als einzige deutscher Act beim englischen Label Hospital-Records unterzukommen).
Oberer Totpunkt
Aber dieses Phänomen werden die meisten Drummer sowieso kennen. Für mich war das zwar erstmal frustrierend, aber dann auch Motivation das Ruder selbst in die Hand zu nehmen. Nach dem Projekt „Porno 3.0“ mit Tom Wendt und David Nesselhauf folgte „Oberer Totpunkt“. Die Songs von habe ich mit Propellerhead Reason entwickelt und die Drums in den Sequenzer gespielt und mit dem unglaublichen BFD-Drums aufgenommen. Beim 6. Album „Totentanz" (2022) habe ich Akusstikdrums aufgenommen. Die meisten Songs aber nicht mit Staccato, North - die meisten mit einem neuen DW PDP MAPLE. Beim Recording klingen die Toms einfach satter.
HIER EIN PAAR VIDEOS MIT DEM STACCATO-DRUM. EIN LIVECLIP IST AUCH DABEI MIT ECHTEN SOUNDS!
Das Design ist unglaublich, der Sound bombastisch – die Verarbeitung ist leider elendig. Auch hinsichtlich der Roadtauglichkeit gibt es praktischere Kits. Letzteres wird der geneigte Staccato-User aber verschmerzen können. Als besonders nachteilig wirkt sich die lausige Verarbeitung aus sowie die vollkommen überforderte und unausgereifte Original-Hardware aus.
Immense Lautstärke - wenig Soundvariationen
Aber auch akustisch hat das Kit einige klare Nachteile. Die Drums sind Single headed, also „offen“ und besitzen keine Resonanzfelle. Das war in den 70-er- und 80er-Jahren auch voll okay. Die meisten Drummer haben ohnehin ohne Resonanzfelle gespielt. Beim normalen Kit kann man die auch jederzeit wieder montieren, wenn man wärmere Sounds sucht. Beim Staccato oder North geht das natürlich nicht. Konstruktionsbedingt ist der Sound wenig variabel. Aber wer erwartet bei einem 70er-Vintage-Kit schon akustische Wunder. Beim 77er Lotus „Esprit“ vermisst ja auch niemand Klimaanlage, ABS und Einparkhilfe. Aber ganz klar: Sound-Esoteriker, Feingeister und Holz-Fetischisten werden an Acryl- und Fiberglaskits wenig Freude haben.
Misfits - nicht gesellschaftsfähig
Auch bei mir schmälerte die geringe Soundvariabilität, verbunden mit der brachialen Lautstärke, das Vergnügen an diesen Drumsets. Da ich auch andere Akustik-Drums habe, bin ich mir der Nachteile natürlich bewusst. Das Staccato-Kit verkam auch bei mir zur Requisite. Für einige OT-Videos und auch live habe ich das Staccato übrigens hin und wieder eingesetzt. Das letzte mal beim „Avantgarde-Festival“ in Schiphorst 2011 - dort war das Set wieder eine tolle Show (siehe Video „Schlacht“. Die PA und der Tonmixer waren gut!
Aber ansonsten: Was macht man nun mit diesem „Fiberglasöltanker“, damit er nicht als reines Museumsstück in der Ecke verstaubt? Die einzige Antwort - man sieht es ja: Ich habe es zu Hause als E-Drum zum üben und einspielen benutzt. „What?“. „Wie bitte?“. „Was hat das jetzt mit Staccato-Drums zu tun?“ Ist schon klar. Ich meine man könnte auch alternativ eine Strumpfhose über eine „Omo“-Tonne spannen (ältere Konsumenten werden die gigantischen Waschmittel-Eimer kennen) und Trigger montieren, aber – ja was aber?
Formaganda
Hauptgrund war meine Vision, die Optik des Staccato-Kits mit modernen, variablen Sounds zu kombinieren: Yaw Afram und Roland Bogdahn (Synocopix) suchten Anfang der 2000er einen Live-Drummer für die Umsetzung von „Formaganda“, einen Drum´n´Bass Liveact mit Bass, Rhodes, Keys, Percussion und Drums. Beim Casting hab ich den Job bekommen und da die beiden Macher großen Wert darauf legen, dass genau (!) die Drumsounds der CD eingesetzt werden habe ich via „Midi-Bulk-Dump“ die Original-Samples der Composings benutzt. Nur die Idee live mit einem Tanzmucker E-Kit zu bestehen wollte mir nicht ganz behagen. Als ich den beiden mein Staccato-Kit zeigte waren sie sofort begeistert. Leider löste sich die ganze Band nach zahlreichen Proben und den ersten Auftritten mit Songs mit 180 Beats per minute schneller auf, als der Schall. Wirklich schade, weil es eine Riesenband war. Ich war zwar nur als Sideman dabei - aber ich die Musik war einfach klasse. Die Tracks von Roland sind der Hammer (er hat es dann mit „Syncopix“ geschafft, als einzige deutscher Act beim englischen Label Hospital-Records unterzukommen).
Oberer Totpunkt
Aber dieses Phänomen werden die meisten Drummer sowieso kennen. Für mich war das zwar erstmal frustrierend, aber dann auch Motivation das Ruder selbst in die Hand zu nehmen. Nach dem Projekt „Porno 3.0“ mit Tom Wendt und David Nesselhauf folgte „Oberer Totpunkt“. Die Songs von habe ich mit Propellerhead Reason entwickelt und die Drums in den Sequenzer gespielt und mit dem unglaublichen BFD-Drums aufgenommen. Beim 6. Album „Totentanz" (2022) habe ich Akusstikdrums aufgenommen. Die meisten Songs aber nicht mit Staccato, North - die meisten mit einem neuen DW PDP MAPLE. Beim Recording klingen die Toms einfach satter.
HIER EIN PAAR VIDEOS MIT DEM STACCATO-DRUM. EIN LIVECLIP IST AUCH DABEI MIT ECHTEN SOUNDS!
|
|
|