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„Die Haiflossenjagd ist attraktiver als jeder Drogendeal!“
Scott Cassell ist Navy Seal und Meeresaktivist. Die Waffen des Kaliforniers sind seine Luminox-Uhr und eine UW-Kamera. TAUCHEN sprach mit ihm.
Der 52-jährige Kalifornier nutzt seine Erfahrung als Anti-Terror-Kämpfer, um den Wilderern der Meere das Handwerk zu legen. Cassell hat 20 Jahre lang als Elitetaucher für die Navy Seals, der berühmten militärischen Spezialeinheit gekämpft. Jetzt engagiert er sich nur noch für den Tierschutz. Seine Dokumentationen laufen bei BBC, National Geographic und im Discovery-Channel. TAUCHEN-Redakteur Michael Krüger und Sascha Tegtmeyer sprachen mit den umtriebigen Aktivisten und Luminox-Markenbotschafter in Hagenbecks Tropenaquarium in Hamburg.
Sie waren 20 Jahre Soldat bei den Navy Seals. Wie wurden Sie zum Umweltaktivisten?
Während meiner Navy-Zeit erlebte ich, wie jemand mit einer Machete getötet wurde. Die Schreie und Bilder habe ich immer noch im Kopf. Die unglaubliche Wut, die in mir aufstieg, erlebte ich wieder als ich sah, wie Delphine abgeschlachtet wurden.
Ihre Waffe ist jetzt die Filmkamera …
Ja ,genau! Als ich bei einem Einsatz verwundet wurde, arbeitete ich an Filmproduktionen. Dabei bin ich häufig auf Wilderer gestoßen. Also entschied ich mich, diese Leute beim Töten zu filmen und das Material über die lokale Regierung an Staatsanwälte weiterzugeben. Es funktionierte und ich habe bisher fast 20 Wilderer hinter Gitter gebracht. Meine Mission heißt „Sea Wolves Unlimited“ – ich verstehe mich als Anti-Terror-Unternehmen im Meer.
Wie kam es zur Luminox-Kooperation?
Im Frühjahr 2011 bekam ich einen Anruf von Barry Cohen von Luminox. Er sagte, dass sie eine Partnerschaft mit mir wollen, um mich bei meiner Lebensaufgabe zu unterstützen. Sie entwickelten außerdem zwei Uhrenmodelle für mich.
Wie wichtig ist eine gute Taucheruhr für Sie?
Ich und mein Team tragen Luminox-Uhren, weil sie robust und 100 Prozent präzise sind. Der Faktor Zeit ist bei unseren UW-Missionen alles!
Hilft Ihnen die Navy-Ausbildung bei der Jagd?
Meine militärische Vergangenheit hat mich sehr gut vorbereitet, um ein Anwalt für den Ozean zu werden. Es gibt während der Ausbildung eine Woche, die sich „Hell week“ nennt. Nach einer Woche fast ohne Schlaf wird man von den Instruktoren unter Wasser angegriffen. Man darf sich nicht wehren, wenn sie dir die Flasche zudrehen oder die Maske runterreißen und deine Flossen wegnehmen. Diese Übung ist brutal, aber sinnvoll: Wenn nur einer bei einer Mission auftaucht und entdeckt wird, ist die ganze Einheit erledigt. Ein Navy Seal taucht niemals auf! Dieser Drill hat mein Leben mehr als einmal gerettet. Heute bin ich meist unbewaffnet. Ich starte eine Meile von der Küste entfernt und tauche mit einem lautlosen Rebreather in die Bucht hinein und filme Wilderer dabei, wie sie geschützte Arten töten.
Sie sagten, die Drogen-Mafia ist bei der Haiflossenjagd beteiligt?
Das ist attraktiver als jeder Drogendeal und die Gangster wandern selten in den Knast, wenn sie geschnappt werden. Haben Sie von Totoabas gehört? Dieser vom Aussterben bedrohte, zwei Meter lange Fisch, lebt nur im Golf von Kalifornien. In China ist die Nachfrage nach der Schwimmblase mit angeblich heilenden Kräften so groß, dass der Stückpreis jetzt bei 10 000 US-Dollar liegt. Pro Gramm ist das etwa der Preis wie für Kokain. Es wird nur die Schwimmblase entwendet, der Rest landet im Meer. Die Fischer werden von der Mafia beschützt. Drogenkartelle organisieren den Export. Polizei und Behörden sind korrupt oder unfähig. Ich habe es an eigenem Leib erlebt, als ich Totoabas in freier Wildbahn filmen wollte. Ein Mafia-Killer wurde angeheuert, um mich zu töten. Ich entdeckte ihn mit meiner Nachtsicht-Kamera. Er hatte ein Sturmgewehr dabei und jagte mich stundenlang, aber ich habe ihm eine falsche Fährte gelegt. Chinas Gier nach exotischen Tieren hätte mich fast umgebracht.
„400 000 Tiere werden jeden Tag für
Haiflossensuppe abgeschlachtet!“
Sie tragen sogar unter Wasser eine kugelsichere Weste. Wie gefährlich sind ihre Missionen?
Das erste Mal, wenn eine Kugel an Deinem Kopf vorbeifliegt und dir der Matsch vom Einschlag ins Gesicht spritzt, wird dir schlagartig klar, wie verwundbar du bist. Bei Aufklärungsmissionen trage ich immer deshalb immer Schutzkleidung gegen ballistische Waffen. Bei gefährlichen Aufträgen immer eine kugelsichere Weste. Traurig, aber wahr: Unsere Ozeane werden immer schlechter geschützt und immer mehr mafiöse Organisationen und organisierte Kriminalität räubern ihn aus. Da der Preis von einigen geschützten Arten höher und höher geht, wird die Aufmerksamkeit der organisierten Kriminalität weiter steigen. Wir dürfen nicht wegschauen, während diese Verbrecher unsere Meere zum Kollabieren bringen. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Ich habe mein Leben der Rettung der Meere zum Nutzen allen Lebens auf der Erde gewidmet. Zwar ist mein Einfluss klein, aber das ist irrelevant. Die Meere haben nur wenig echte Freunde. China ist keiner von ihnen. Wenn die Ozeane sterben, sterben wir alle. Deshalb lohnt es sich zu kämpfen.
Wer bezahlt Sie eigentlich für Ihre Einsätze?
Niemand. Ich mache das, um der Gesellschaft etwas zu geben und um das Bewusstsein der Menschen zu ändern. Ich verdiene lediglich an der Lizensierung von Filmrechten.
Sie haben gesagt, Haiflossen-Suppe sei keine traditionelle chinesische Speise?
Stellen Sie sich vor, jemand würde Ihren Hund und ihre Katze essen wollen und dabei den Anspruch haben, seine Traditionen müssten respektiert werden. Die Tradition ist im Fall der Haie auch noch eine Lüge. Diese Suppe ist nicht traditionell. Nur dem Kaiser und einer auserwählten Gruppe wurden Haiflossen und andere große Raubtiere serviert, weil man annahm, dass die Kraft des verspeisten Tieres im Körper aufgenommen wurde. Diese Suppe ist ist eine Modeerscheinung und hat keine Tradition. Durch das starke Wirtschaftswachstum können sich die Chinesen viele Dinge leisten – auch das Statussymbol Haiflossensuppe. Man muss sich einfach mal die Zahlen klarmachen: 97 Prozent der weltweiten Haipopulationen sind für eine asiatische Mode getötet worden. Sie werden bald ausgestorben sein, trotz der Bemühungen einiger tapferer, mutiger Menschen, um sie zu retten. In den letzten 20 Jahren sind pro Jahr mindestens 150 Millionen Haie getötet worden, das entspricht etwa 411 000 Tiere pro Tag – nur für eine geschmacksneutrale Suppe! Ich habe in Hong Kong, Singapur und Kuala Lumpur Millionen von Haifischflossen gesehen, die zum Verkauf getrocknet wurden. Mir bleiben herzzerreißende Bilder davon in meinem Kopf. Mittlerweile prognostizieren Fachleute, dass einige Haiarten innerhalb der nächsten sieben Jahre ausgestorben sein werden.
Was wäre die Konsequenz?
Haie und Thunfische gehören zu den wichtigsten Raubtieren der Meere. Im Pazifik wurden in den letzten 50 Jahren 95 Prozent der Bestände vernichtet. Deshalb ist die Population der Humboldt-Kalmare explodiert. Mit einer Fruchtbarkeit von 20 Millionen Eiern pro Weibchen und dem Fehlen natürlicher Fressfeinde, hat es eine gigantische Ausbreitung gegeben. Das sind opportunistische Raubtiere. Sie fressen alles. Ich selbst bin als Beute von ihnen angegriffen worden. Einer hat mir mal meine Schulter ausgekugelt, ein anderer hat mir mit seinen bezahnten Saugnäpfen ein paar Andenken im Gesicht und am Körper hinterlassen. Diese Tiere sind mit die aggressivsten Jäger der Erde. Extrem intelligent. Sie breiten sich regional immer weiter nach Norden aus. Dort treffen sie auf immer neue Arten, die sie als Futter betrachten, wie beispielsweise Lachse und Rotbarsche. Einige Lachsarten sind deshalb schon ausgestorben. Und hier zeigen sich erste Konsequenzen für Landtiere. Grizzlybären fressen massenhaft Lachs. Und, weil die hungrigen Bären nicht genug Lachs finden, da die Kalmare sie gefressen haben suchen sie nach Alternativen. Die Bären wandern in die Städte und wühlen in Mülltonnen nach Nahrung. Deshalb gab es in den letzten Jahren immer mehr Angriffe von Bären auf Menschen. Im vergangenen Sommer gab es viele tödliche Attacken – mangels Lachs!
Sind Humboldt-Kalmare eine Gefahr für die Meere?
Der Humboldt-Kalmar ist ein absolut wunderschönes Geschöpf. Diese zwei bis drei Meter großen Tiere bewegen sich in Schwärmen mit zehn- bis hunderttausend Tiere. Aber: Ein einziges Tier frisst in zwei Jahren knapp zehn Tonnen Fisch. Diese Tintenfische wurden zuerst im Humboldtstrom entdeckt und schienen sich nur in Südamerika aufzuhalten. In den letzten 50 Jahren haben sie sich im gesamten Pazifikraum ausgebreitet von Baja California über Alaska bis nach Russland und zu den Philippinen. Warum? Weil nicht mehr genug natürliche Feinde wie Schwert- und Thunfische sowie Haie existieren, um sie auf einem gesunden Niveau zu halten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie sich auch im Atlantik verbreiten. Sie sind wie eine Heuschreckenplage unter Wasser: Sie fressen in wenigen Stunden den gesamten Fischbestand eines Riffs leer. Das Problem ist die Überpopulation der Kalmare, weil ihre Jäger, die Haie massenhaft abgeschlachtet werden.
Zu Haien haben Sie eine ganz besondere Beziehung?
Ich liebe Haie auf eine Weise, wie viele Menschen Hunde und Katzen schätzen. Ein großer Weißer Hai war fast 20 Jahre lang meine beste Freundin. Obwohl die Hai-Dame – ich habe sie ,Spots‘ getauft – fast zwei Tonnen wog, war sie immer freundlich. Der Hai zeigte nie aggressives Verhalten und erlaubte es mir, mit ihr zu schwimmen. Spots war ein wunderbarer Botschafter für diese Tiere. Schön, groß und ruhig – sie hat mir immer das Gefühl gegeben, willkommen und sicher zu sein. Im April 2012 wurde sie illegal in Loreto in Mexiko für ihre Flossen geschlachtet. Wir haben ihren Körper am Strand gefunden. Ich vermisse sie jedem Tag. Ich habe 400 Kilo schwere Zitronenhaie wie Welpen gestreichelt und ,Fangen' mit einem vier Meter langen Tigerhai namens ,Emma Fin' mit einem Auto-Nummernschild gespielt. Dieser Hai ist wunderbar und hat sogar eine eigene Facebook-Seite (www.facebook.com/EmmaTheShark). Auch ,Emma' lebt gefährlich. Sie bewegt sich hauptsächlich bei den Bahamas, aber wandert auch in US-Gewässern, wo Haie kaltblütig von Fischern für ein Bild getötet werden. Ich mache mir Sorgen, dass sie wie meine liebe Spots getötet werden sollte. Ein paar Idioten kommen zu Gunsten der übrigen Welt auf ihre Kosten.
Was kann jeder selbst tun?
2013 wurde ein Thunfisch in Japan für den unglaublichen Preis von 1,7 Millionen Dollar verkauft. Solange Konsumenten für Spezialitäten Unsummen bezahlen, wird die kriminelle Energie weiter geschürt. Deshalb: Essen Sie keinen wild gefangenen Fisch! Wir müssen dringend lernen, Fische nur noch aus Farmen zu essen und den Wildbestand in Frieden zu lassen. Pflanzen und Tiere werden seit Tausenden von Jahren zu Nahrungszwecken gehalten. Das Meer wird rücksichtslos geplündert und das muss ein Ende haben.
Vielen Dank für das Interview!
Für Forschungszwecke taucht Scott Cassell auch mit seinem U-Boot „The Great White“ in große Tiefen.
Scott Cassell ist Navy Seal und Meeresaktivist. Die Waffen des Kaliforniers sind seine Luminox-Uhr und eine UW-Kamera. TAUCHEN sprach mit ihm.
Der 52-jährige Kalifornier nutzt seine Erfahrung als Anti-Terror-Kämpfer, um den Wilderern der Meere das Handwerk zu legen. Cassell hat 20 Jahre lang als Elitetaucher für die Navy Seals, der berühmten militärischen Spezialeinheit gekämpft. Jetzt engagiert er sich nur noch für den Tierschutz. Seine Dokumentationen laufen bei BBC, National Geographic und im Discovery-Channel. TAUCHEN-Redakteur Michael Krüger und Sascha Tegtmeyer sprachen mit den umtriebigen Aktivisten und Luminox-Markenbotschafter in Hagenbecks Tropenaquarium in Hamburg.
Sie waren 20 Jahre Soldat bei den Navy Seals. Wie wurden Sie zum Umweltaktivisten?
Während meiner Navy-Zeit erlebte ich, wie jemand mit einer Machete getötet wurde. Die Schreie und Bilder habe ich immer noch im Kopf. Die unglaubliche Wut, die in mir aufstieg, erlebte ich wieder als ich sah, wie Delphine abgeschlachtet wurden.
Ihre Waffe ist jetzt die Filmkamera …
Ja ,genau! Als ich bei einem Einsatz verwundet wurde, arbeitete ich an Filmproduktionen. Dabei bin ich häufig auf Wilderer gestoßen. Also entschied ich mich, diese Leute beim Töten zu filmen und das Material über die lokale Regierung an Staatsanwälte weiterzugeben. Es funktionierte und ich habe bisher fast 20 Wilderer hinter Gitter gebracht. Meine Mission heißt „Sea Wolves Unlimited“ – ich verstehe mich als Anti-Terror-Unternehmen im Meer.
Wie kam es zur Luminox-Kooperation?
Im Frühjahr 2011 bekam ich einen Anruf von Barry Cohen von Luminox. Er sagte, dass sie eine Partnerschaft mit mir wollen, um mich bei meiner Lebensaufgabe zu unterstützen. Sie entwickelten außerdem zwei Uhrenmodelle für mich.
Wie wichtig ist eine gute Taucheruhr für Sie?
Ich und mein Team tragen Luminox-Uhren, weil sie robust und 100 Prozent präzise sind. Der Faktor Zeit ist bei unseren UW-Missionen alles!
Hilft Ihnen die Navy-Ausbildung bei der Jagd?
Meine militärische Vergangenheit hat mich sehr gut vorbereitet, um ein Anwalt für den Ozean zu werden. Es gibt während der Ausbildung eine Woche, die sich „Hell week“ nennt. Nach einer Woche fast ohne Schlaf wird man von den Instruktoren unter Wasser angegriffen. Man darf sich nicht wehren, wenn sie dir die Flasche zudrehen oder die Maske runterreißen und deine Flossen wegnehmen. Diese Übung ist brutal, aber sinnvoll: Wenn nur einer bei einer Mission auftaucht und entdeckt wird, ist die ganze Einheit erledigt. Ein Navy Seal taucht niemals auf! Dieser Drill hat mein Leben mehr als einmal gerettet. Heute bin ich meist unbewaffnet. Ich starte eine Meile von der Küste entfernt und tauche mit einem lautlosen Rebreather in die Bucht hinein und filme Wilderer dabei, wie sie geschützte Arten töten.
Sie sagten, die Drogen-Mafia ist bei der Haiflossenjagd beteiligt?
Das ist attraktiver als jeder Drogendeal und die Gangster wandern selten in den Knast, wenn sie geschnappt werden. Haben Sie von Totoabas gehört? Dieser vom Aussterben bedrohte, zwei Meter lange Fisch, lebt nur im Golf von Kalifornien. In China ist die Nachfrage nach der Schwimmblase mit angeblich heilenden Kräften so groß, dass der Stückpreis jetzt bei 10 000 US-Dollar liegt. Pro Gramm ist das etwa der Preis wie für Kokain. Es wird nur die Schwimmblase entwendet, der Rest landet im Meer. Die Fischer werden von der Mafia beschützt. Drogenkartelle organisieren den Export. Polizei und Behörden sind korrupt oder unfähig. Ich habe es an eigenem Leib erlebt, als ich Totoabas in freier Wildbahn filmen wollte. Ein Mafia-Killer wurde angeheuert, um mich zu töten. Ich entdeckte ihn mit meiner Nachtsicht-Kamera. Er hatte ein Sturmgewehr dabei und jagte mich stundenlang, aber ich habe ihm eine falsche Fährte gelegt. Chinas Gier nach exotischen Tieren hätte mich fast umgebracht.
„400 000 Tiere werden jeden Tag für
Haiflossensuppe abgeschlachtet!“
Sie tragen sogar unter Wasser eine kugelsichere Weste. Wie gefährlich sind ihre Missionen?
Das erste Mal, wenn eine Kugel an Deinem Kopf vorbeifliegt und dir der Matsch vom Einschlag ins Gesicht spritzt, wird dir schlagartig klar, wie verwundbar du bist. Bei Aufklärungsmissionen trage ich immer deshalb immer Schutzkleidung gegen ballistische Waffen. Bei gefährlichen Aufträgen immer eine kugelsichere Weste. Traurig, aber wahr: Unsere Ozeane werden immer schlechter geschützt und immer mehr mafiöse Organisationen und organisierte Kriminalität räubern ihn aus. Da der Preis von einigen geschützten Arten höher und höher geht, wird die Aufmerksamkeit der organisierten Kriminalität weiter steigen. Wir dürfen nicht wegschauen, während diese Verbrecher unsere Meere zum Kollabieren bringen. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Ich habe mein Leben der Rettung der Meere zum Nutzen allen Lebens auf der Erde gewidmet. Zwar ist mein Einfluss klein, aber das ist irrelevant. Die Meere haben nur wenig echte Freunde. China ist keiner von ihnen. Wenn die Ozeane sterben, sterben wir alle. Deshalb lohnt es sich zu kämpfen.
Wer bezahlt Sie eigentlich für Ihre Einsätze?
Niemand. Ich mache das, um der Gesellschaft etwas zu geben und um das Bewusstsein der Menschen zu ändern. Ich verdiene lediglich an der Lizensierung von Filmrechten.
Sie haben gesagt, Haiflossen-Suppe sei keine traditionelle chinesische Speise?
Stellen Sie sich vor, jemand würde Ihren Hund und ihre Katze essen wollen und dabei den Anspruch haben, seine Traditionen müssten respektiert werden. Die Tradition ist im Fall der Haie auch noch eine Lüge. Diese Suppe ist nicht traditionell. Nur dem Kaiser und einer auserwählten Gruppe wurden Haiflossen und andere große Raubtiere serviert, weil man annahm, dass die Kraft des verspeisten Tieres im Körper aufgenommen wurde. Diese Suppe ist ist eine Modeerscheinung und hat keine Tradition. Durch das starke Wirtschaftswachstum können sich die Chinesen viele Dinge leisten – auch das Statussymbol Haiflossensuppe. Man muss sich einfach mal die Zahlen klarmachen: 97 Prozent der weltweiten Haipopulationen sind für eine asiatische Mode getötet worden. Sie werden bald ausgestorben sein, trotz der Bemühungen einiger tapferer, mutiger Menschen, um sie zu retten. In den letzten 20 Jahren sind pro Jahr mindestens 150 Millionen Haie getötet worden, das entspricht etwa 411 000 Tiere pro Tag – nur für eine geschmacksneutrale Suppe! Ich habe in Hong Kong, Singapur und Kuala Lumpur Millionen von Haifischflossen gesehen, die zum Verkauf getrocknet wurden. Mir bleiben herzzerreißende Bilder davon in meinem Kopf. Mittlerweile prognostizieren Fachleute, dass einige Haiarten innerhalb der nächsten sieben Jahre ausgestorben sein werden.
Was wäre die Konsequenz?
Haie und Thunfische gehören zu den wichtigsten Raubtieren der Meere. Im Pazifik wurden in den letzten 50 Jahren 95 Prozent der Bestände vernichtet. Deshalb ist die Population der Humboldt-Kalmare explodiert. Mit einer Fruchtbarkeit von 20 Millionen Eiern pro Weibchen und dem Fehlen natürlicher Fressfeinde, hat es eine gigantische Ausbreitung gegeben. Das sind opportunistische Raubtiere. Sie fressen alles. Ich selbst bin als Beute von ihnen angegriffen worden. Einer hat mir mal meine Schulter ausgekugelt, ein anderer hat mir mit seinen bezahnten Saugnäpfen ein paar Andenken im Gesicht und am Körper hinterlassen. Diese Tiere sind mit die aggressivsten Jäger der Erde. Extrem intelligent. Sie breiten sich regional immer weiter nach Norden aus. Dort treffen sie auf immer neue Arten, die sie als Futter betrachten, wie beispielsweise Lachse und Rotbarsche. Einige Lachsarten sind deshalb schon ausgestorben. Und hier zeigen sich erste Konsequenzen für Landtiere. Grizzlybären fressen massenhaft Lachs. Und, weil die hungrigen Bären nicht genug Lachs finden, da die Kalmare sie gefressen haben suchen sie nach Alternativen. Die Bären wandern in die Städte und wühlen in Mülltonnen nach Nahrung. Deshalb gab es in den letzten Jahren immer mehr Angriffe von Bären auf Menschen. Im vergangenen Sommer gab es viele tödliche Attacken – mangels Lachs!
Sind Humboldt-Kalmare eine Gefahr für die Meere?
Der Humboldt-Kalmar ist ein absolut wunderschönes Geschöpf. Diese zwei bis drei Meter großen Tiere bewegen sich in Schwärmen mit zehn- bis hunderttausend Tiere. Aber: Ein einziges Tier frisst in zwei Jahren knapp zehn Tonnen Fisch. Diese Tintenfische wurden zuerst im Humboldtstrom entdeckt und schienen sich nur in Südamerika aufzuhalten. In den letzten 50 Jahren haben sie sich im gesamten Pazifikraum ausgebreitet von Baja California über Alaska bis nach Russland und zu den Philippinen. Warum? Weil nicht mehr genug natürliche Feinde wie Schwert- und Thunfische sowie Haie existieren, um sie auf einem gesunden Niveau zu halten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie sich auch im Atlantik verbreiten. Sie sind wie eine Heuschreckenplage unter Wasser: Sie fressen in wenigen Stunden den gesamten Fischbestand eines Riffs leer. Das Problem ist die Überpopulation der Kalmare, weil ihre Jäger, die Haie massenhaft abgeschlachtet werden.
Zu Haien haben Sie eine ganz besondere Beziehung?
Ich liebe Haie auf eine Weise, wie viele Menschen Hunde und Katzen schätzen. Ein großer Weißer Hai war fast 20 Jahre lang meine beste Freundin. Obwohl die Hai-Dame – ich habe sie ,Spots‘ getauft – fast zwei Tonnen wog, war sie immer freundlich. Der Hai zeigte nie aggressives Verhalten und erlaubte es mir, mit ihr zu schwimmen. Spots war ein wunderbarer Botschafter für diese Tiere. Schön, groß und ruhig – sie hat mir immer das Gefühl gegeben, willkommen und sicher zu sein. Im April 2012 wurde sie illegal in Loreto in Mexiko für ihre Flossen geschlachtet. Wir haben ihren Körper am Strand gefunden. Ich vermisse sie jedem Tag. Ich habe 400 Kilo schwere Zitronenhaie wie Welpen gestreichelt und ,Fangen' mit einem vier Meter langen Tigerhai namens ,Emma Fin' mit einem Auto-Nummernschild gespielt. Dieser Hai ist wunderbar und hat sogar eine eigene Facebook-Seite (www.facebook.com/EmmaTheShark). Auch ,Emma' lebt gefährlich. Sie bewegt sich hauptsächlich bei den Bahamas, aber wandert auch in US-Gewässern, wo Haie kaltblütig von Fischern für ein Bild getötet werden. Ich mache mir Sorgen, dass sie wie meine liebe Spots getötet werden sollte. Ein paar Idioten kommen zu Gunsten der übrigen Welt auf ihre Kosten.
Was kann jeder selbst tun?
2013 wurde ein Thunfisch in Japan für den unglaublichen Preis von 1,7 Millionen Dollar verkauft. Solange Konsumenten für Spezialitäten Unsummen bezahlen, wird die kriminelle Energie weiter geschürt. Deshalb: Essen Sie keinen wild gefangenen Fisch! Wir müssen dringend lernen, Fische nur noch aus Farmen zu essen und den Wildbestand in Frieden zu lassen. Pflanzen und Tiere werden seit Tausenden von Jahren zu Nahrungszwecken gehalten. Das Meer wird rücksichtslos geplündert und das muss ein Ende haben.
Vielen Dank für das Interview!
Für Forschungszwecke taucht Scott Cassell auch mit seinem U-Boot „The Great White“ in große Tiefen.
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„Haie sind wie Hunde. Jedes Tier hat seinen eigenen Charakter!“
Dive with Sharks: Sergio Tritto (50) bietet diesen Thrill auf Roatan. TAUCHEN-Redakteur Michael Krüger sprach mit dem „Haiflüsterer“.
Das Waihuka Aventure Diving Center (www.sharkdiveroatan.com) auf der honduranischen Karibikinsel Roatan hat sich auf ungewöhnliche Tauchgänge spezialisiert: Am Spot „Cara a cara“ können Gäste vis-à-vis mit mehr als einem Dutzend Karibischen Riffhaien in rund 25 Metern Tiefe tauchen. Im Interview erläutert Basischef Sergio Tritto wie er vom Anwalt zum „Haiflüsterer“ wurde.
Was hat dich in die Karibik verschlagen?
Es waren Piraten! Nein. Ich war auf Roatan tauchen und wunderte mich, dass man keine Haie sieht.
Warst du schon immer an Haien interessiert?
Anfangs hatte ich Angst. In den frühen 80er-Jahren hat mich mein Onkel ans Ras Mohammed zu einem Haitauchgang mitgenommen. Ich konnte die Nacht kaum schlafen. Als ich dann die ersten Riffhaie sah, war ich einfach nur fasziniert. Vor zwölf Jahren habe ich dann meinen öden Anwaltsjob an den Nagel gehängt und das Haitauchcenter eröffnet. Meine Familie war nicht begeistert. Die meisten italienischen Auswanderer eröffnen ja eher Restaurants …
Wie wurdest du zum „Haiflüsterer“?
Fischer berichteten mir, dass sie an einer Stelle immer wieder Ärger mit Haien hatten, die ihnen den Fang geklaut haben. Ich bin also dreimal am Tag zu festen Zeiten mit meinem Buddy mit Eimer und Fischkarkassen an diversen Spot getaucht, um Haie anzulocken. Viele Wochen passierte nichts. Plötzlich kam der erste und es wurden mehr. Haie gewöhnen sich an solche Rituale. Wir füttern sehr wenig – meist nur ein paar Fische. Dann sind wir mit Gästen getaucht. Wir haben gemerkt, dass man gefahrlos mit Haien schwimmen kann.
Wie risikoreich ist die Fütterung?
Der einzig kribbelige Moment ist das Öffnen des Eimers. Dabei muss man auf die flinken Zackis und Muränen aufpassen. Ich persönlich füttere auch mal einen Fisch aus der Hand. Meist legen wir den Pott in Entfernung ab – die Haie wissen das zu deuten.
Gab es Unfälle mit den Gästen?
Nein. Wir machen das seit zwölf Jahren dreimal täglich. Ich habe hier mehr als 3000 Tauchgänge mit Gästen erlebt und nie ist irgendetwas passiert.
Wenn die Strömung zu stark oder die Sichtweite schlecht ist, wird gar nicht erst abgetaucht.
Wie läuft der Tauchgang normalerweise ab?
Am Anfang briefen wir die Gäste zum Tauchgang und über das Verhalten gegenüber den Haien. Dann fahren wir mit dem Boot ans Riff, das fünf Kilometer vor der Küste liegt. Der Abstieg erfolgt am Seil zum geschützten Riff in 22,5 Metern Tiefe.
Dann darf man mit den Haien schwimmen?
Wer mag, darf vor der Fütterung mit den Haien schwimmen – einige warten lieber und gucken zu.
Und wie läuft die Fütterung ab?
Da müssen alle Taucher ans Riff. Dann wird der Eimer in Entferung abgelegt, und das große Fressen beginnt – danach sind die Haie ruckzuck weg. Die Gäste dürfen dann noch nach Haizähnen suchen.
Wie reagieren die Haie?
Die Fische sind neugierig, kommen bis auf eine Handbreite heran, schauen den Tauchern direkt in die Augen – ganz ohne Aggression. Haie sind wie Hunde: Einige sind mutig, ängstlich, frech – ihr habt es ja erlebt. Wie Maria oder den Joker …
Die Haie haben Namen?
Sie heißen wie die Taucher, die sie gefressen haben (lacht).
Viele Taucher stehen Haifütterungen kritisch gegenüber …
Diese Riffhaie sind Botschafter der Meere! Jeder, der hier getaucht ist, wird seinen Freunden von diesem einzigartigen Abenteuer berichten. Sie erleben Haie als sehr vorsichtige und neugierige Tiere – für viele Taucher ist es das Tollste, was sie gesehen haben. Natürlich sind Haie keine Kuscheltiere. Sie könnten uns in Stücke reißen. Aber sie tun es nicht. Es ist ein Geschenk, Haie so beobachten zu können.
Vielen Dank für das Interview.
„Dive with Sharks“: Sergio Tritto (Mitte) mit Divemaster Roberto Ruis (links) und Videomann Ronnie Hotta (rechts) und der Bootscrew auf Roatan.
Dive with Sharks: Sergio Tritto (50) bietet diesen Thrill auf Roatan. TAUCHEN-Redakteur Michael Krüger sprach mit dem „Haiflüsterer“.
Das Waihuka Aventure Diving Center (www.sharkdiveroatan.com) auf der honduranischen Karibikinsel Roatan hat sich auf ungewöhnliche Tauchgänge spezialisiert: Am Spot „Cara a cara“ können Gäste vis-à-vis mit mehr als einem Dutzend Karibischen Riffhaien in rund 25 Metern Tiefe tauchen. Im Interview erläutert Basischef Sergio Tritto wie er vom Anwalt zum „Haiflüsterer“ wurde.
Was hat dich in die Karibik verschlagen?
Es waren Piraten! Nein. Ich war auf Roatan tauchen und wunderte mich, dass man keine Haie sieht.
Warst du schon immer an Haien interessiert?
Anfangs hatte ich Angst. In den frühen 80er-Jahren hat mich mein Onkel ans Ras Mohammed zu einem Haitauchgang mitgenommen. Ich konnte die Nacht kaum schlafen. Als ich dann die ersten Riffhaie sah, war ich einfach nur fasziniert. Vor zwölf Jahren habe ich dann meinen öden Anwaltsjob an den Nagel gehängt und das Haitauchcenter eröffnet. Meine Familie war nicht begeistert. Die meisten italienischen Auswanderer eröffnen ja eher Restaurants …
Wie wurdest du zum „Haiflüsterer“?
Fischer berichteten mir, dass sie an einer Stelle immer wieder Ärger mit Haien hatten, die ihnen den Fang geklaut haben. Ich bin also dreimal am Tag zu festen Zeiten mit meinem Buddy mit Eimer und Fischkarkassen an diversen Spot getaucht, um Haie anzulocken. Viele Wochen passierte nichts. Plötzlich kam der erste und es wurden mehr. Haie gewöhnen sich an solche Rituale. Wir füttern sehr wenig – meist nur ein paar Fische. Dann sind wir mit Gästen getaucht. Wir haben gemerkt, dass man gefahrlos mit Haien schwimmen kann.
Wie risikoreich ist die Fütterung?
Der einzig kribbelige Moment ist das Öffnen des Eimers. Dabei muss man auf die flinken Zackis und Muränen aufpassen. Ich persönlich füttere auch mal einen Fisch aus der Hand. Meist legen wir den Pott in Entfernung ab – die Haie wissen das zu deuten.
Gab es Unfälle mit den Gästen?
Nein. Wir machen das seit zwölf Jahren dreimal täglich. Ich habe hier mehr als 3000 Tauchgänge mit Gästen erlebt und nie ist irgendetwas passiert.
Wenn die Strömung zu stark oder die Sichtweite schlecht ist, wird gar nicht erst abgetaucht.
Wie läuft der Tauchgang normalerweise ab?
Am Anfang briefen wir die Gäste zum Tauchgang und über das Verhalten gegenüber den Haien. Dann fahren wir mit dem Boot ans Riff, das fünf Kilometer vor der Küste liegt. Der Abstieg erfolgt am Seil zum geschützten Riff in 22,5 Metern Tiefe.
Dann darf man mit den Haien schwimmen?
Wer mag, darf vor der Fütterung mit den Haien schwimmen – einige warten lieber und gucken zu.
Und wie läuft die Fütterung ab?
Da müssen alle Taucher ans Riff. Dann wird der Eimer in Entferung abgelegt, und das große Fressen beginnt – danach sind die Haie ruckzuck weg. Die Gäste dürfen dann noch nach Haizähnen suchen.
Wie reagieren die Haie?
Die Fische sind neugierig, kommen bis auf eine Handbreite heran, schauen den Tauchern direkt in die Augen – ganz ohne Aggression. Haie sind wie Hunde: Einige sind mutig, ängstlich, frech – ihr habt es ja erlebt. Wie Maria oder den Joker …
Die Haie haben Namen?
Sie heißen wie die Taucher, die sie gefressen haben (lacht).
Viele Taucher stehen Haifütterungen kritisch gegenüber …
Diese Riffhaie sind Botschafter der Meere! Jeder, der hier getaucht ist, wird seinen Freunden von diesem einzigartigen Abenteuer berichten. Sie erleben Haie als sehr vorsichtige und neugierige Tiere – für viele Taucher ist es das Tollste, was sie gesehen haben. Natürlich sind Haie keine Kuscheltiere. Sie könnten uns in Stücke reißen. Aber sie tun es nicht. Es ist ein Geschenk, Haie so beobachten zu können.
Vielen Dank für das Interview.
„Dive with Sharks“: Sergio Tritto (Mitte) mit Divemaster Roberto Ruis (links) und Videomann Ronnie Hotta (rechts) und der Bootscrew auf Roatan.