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Saint Lucia: Lavariffe und Vulkankegel
Dichter Regenwald und magische UW-Landschaften: Saint Lucia gilt als „Caribbean Dream“.
TAUCHEN-Redakteur Michael Krüger ist im Schatten der beiden Vulkankegel abgetaucht.
von Michael Krüger
Die kurvenreiche Fahrt führt entlang kleiner Dörfer mit klangvollen Namen wie Sapphire oder Choiseu. Leuchtend pastellfarbene Häuser wechseln sich mit betagten Bretterbuden ab. Ältere Frauen und Männer sitzen in den Hauseingängen und flechten Körbe aus Palmenwedeln. Direkt am Straßenrand werden gegrillte Maiskolben und Bananen verkauft. „Piton?“, fragt unser Fahrer George und nuschelt unverständliche Sätze während er ein paar Flaschen des Local-Beers verteilt: Die beiden Vulkankegel zieren sogar das Etikett. Auf die Frage nach seinem Slang antwortet er im auf Kühlschranktemperatur klimatisierten Kleinbus nur flapsig: „Patois!“.
Dieser französisch-englische Creole-Mix wird überall auf der Insel gesprochen. Während der Kolonialzeit hat Saint Lucia vierzehnmal den Besitzer gewechselt. Franzosen und Engländer waren hier im Dauerclinch. „Bullshit man!“, brüllt George aus dem Fenster und hupt, weil ein verrosteter Pickup vor ihm ohne zu blinken stehen bleibt. „Das ist auch Patois und passt immer“, gaffelt der Chauffeur. Und während er weiter seinen kurzweiligen Sprachkurs hält und uns durch die dichten, tropischen Regenwaldlandschaften kurvt, kommen uns die blumigen Beschreibungen von Saint Lucia-Touristen in Erinnerung: Jeder, der diese Insel besucht, berichtete, wie wunderhübsch und zauberhaft es hier sei.
Als „gehörnte Insel mit tiefgrünen Häfen“ hat Literaturnobelpreisträger Derek Walcott seinen Schatz beschrieben. Die Vulkaninsel ist so groß wie Hamburg und undurchdringlich – ähnlich wie Dominica. Links und rechts neben der Straße wachsen feuerrote Helikonien und exotische Tropenpflanzen wie Unkraut. Nach der Fahrt durch das schmucklose Soufrière führt eine steile Ruckelpiste zum Anse Chastanet – die meisten Saint-Lucia-Touristen wohnen in luxuriösen Resorts, wie in dieser einzigartigen Anlage.
Und da sind sie endlich zu sehen: Die Pitons. Der Anblick der beiden grünen Vulkankegel, die sich aus dem Regenwald recken, ist magisch. Beinahe unwirklich sehen sie aus. Wie gemalt. Ganz versteckt liegt das Anse Chastanet Resort an der südlichen Karibikküste im landschaftlich schönsten Teil der Insel. Bei der Gestaltung legten der russisch-kanadische Architekt Nick Troubetzkoy und seine deutsche Frau Karolin besonderen Wert auf die Harmonie mit der Natur: Fenster, Klimaanlagen, Fernseher und Telefone? Fehlanzeige! Es gibt nur Ventilatoren. Alles ist offen gebaut. „Auch von WLAN musste der Architekt lange überzeugt werden, weil er wollte, dass die Gäste die Natur genießen und nicht auf ihre Smartphones starren“, sagt Hotelmanager Edgar Krohn. Die Gäste wohnen mitten im Dschungel. Für das akustische Nachtkonzert sorgen keine Grillen, sondern Lurche. Die daumennagelgroßen Antillenpfeiffrösche quaken lauter als jede Zikade, um Weibchen anzulocken. Jedes einzelne Männchen bläht seine Schallblase, eine Art ballonhafter Kropf, auf und erzeugt dabei eine Lautstärke von rund 40 Dezibel: „Listen to the Sound of Saint Lucia!“
VIELE SPOTS MIT STRÖMUNG
Doch nun sind wir gespannt auf die Tauchspots: 100 Stufen führen zur Tauchbasis am Strand. Aber zum Glück gibt es Shuttles – also keine Schlepperei. Der deutsche PADI-Tauchlehrer Bernd Rac begrüßt uns und macht eine kleine Führung durch die Basis: gute Leihausrüstung, sauberer Kompressorraum, komfortable Tauchboote – passt! Zuerst geht es zum Checkdive ans Hausriff. Der Grund ist die teilweise sehr starke Strömung. Bei den Tauchgängen ziehen die Guides ständig eine Taucherboje hinter sich her. Die Unterwasserwelt Saint Lucia hat einiges zu bieten: Schwämme, Elchhornkorallen, Fächergorgonien und Fassschwämme in gigantischen Dimensionen. Wir finden viele große Langusten und Krebse. Was ist das? Ein Krake! Ein Wunder, dass sich dieser Tintenfisch bei den unzähligen Versteckmöglichkeiten blicken lässt. Neben den üblichen Verdächtigen am Riff wie Doktor-, Kaiser- und Drückerfischen lässt sich sogar ein gepunkteter Adlerrochen blicken – leider zu weit entfernt für ein schönes Foto. Beim Auftauchen hat man immer die Pitons im Visier. Kurze Wege, keine langen Bootstouren. Nach dem Driftdive beim Spot mit passendem Namen Supermans-Flight lassen wir uns in Fairyland, und dem Turtle Reef verzaubern. Der marine Reichtum ist großartig.
IM ZEICHEN DES MEERESSCHUTZES
„Das Geheimnis für den Fischreichtum und die heile Korallenwelt ist der Marinepark, der direkt vor der Basis am Hausriff beginnt“, erläutert Bernd. Nachdem um 1990 immer weniger Fische gefangen wurden, einigten sich Fischer, Tourismus-industrie und Umweltschützer darauf, Meeresschutzgebiete rund um die Insel einzurichten. Schon seit Jahren werden die Riffe vor überambitionierten Fischern und Rüpel-Tauchern geschützt. Handschuhe und Messer sind tabu! Etwa ein Drittel des Korallenriffs um Saint Lucia steht sogar unter absolutem Schutz: In diesem Gebiet darf weder gefischt, getaucht noch gebadet werden.
Nächstes Ziel ist die üppig bewachsene „Lesleen M“, die vor fast 30 Jahren versenkt wurde. Der 50 Meter lange Frachter steht aufrecht in 20 Metern Tiefe. Das Oberdeck in zehn Metern Tiefe ist sehr einfach zu betauchen. Die Lüftungsklappen oberhalb des Maschinenraums, Brücke und Aufbauten sind mit bunten Schwämmen und Gorgonien bewachsen. Röhren- und Fingerschwämme, Federsterne und Anemonen überwuchern den Stahlmantel.
Weiter geht’s es zum nördlichen Teil der Insel. Dunkle Wolken ziehen auf, nachdem wir das Dörfchen Canaries passiert haben. Zur Regenzeit kann das immer mal passieren: Ein kurzer, heftiger Guss und nach einer halben Stunde strahlt meist wieder die Sonne. Der Dschungeltrip mit Zip-Lining-Tour im Union Nature Trail ist geplant. Dabei gleitet man, mit zwei Karabinerhaken am Drahtseil gesichert, über die Baumwipfel durch den Dschungel. Doch heftiger Dauerregen macht einige Straßen unpassierbar – schade. „Seid froh“, feixt unser Fahrer: „Letzte Woche hat ein Tourist eine Drei-Meter-Schlange in zwei Teile zertrennt, die sich um das Seil gerollt hatte. Zum Glück nur eine harmlose Boa. Zur Tierwelt Saint Lucias gehören neben Leguanen und Opossums auch Schlangenarten wie die erwähnte Boa Constrictor sowie die extrem giftige Lanzenotter, die Saint Lucia Viper“, erzählt George. In den Reiseberichten und Travelguides stand kein Wort darüber. Gut, wenn man einen Fahrer hat, der uns über solche praktischen Dinge informiert. Und mit den Bildern der zweigeteilten Boa sowie der Gift-Viper rollen wir Richtung Castries.
Nächstes Ziel ist das Sandals Regency La Toc. Dabei handelt es sich um ein All-Inclusive-Luxus-Resort für Pärchen. Auf Saint Lucia gibt es drei davon – Hopping zwischen den Anlagen ist kein Problem. Erster Eindruck: amerikanisch, freundliche Atmosphäre, entspannt. „In keinem anderen Resort auf der Welt ist so viel inklusive“, sagt La-Toc-Resortmanager Della. Auch das Tauchen und Surfen ist im Preis inbegriffen. Für Taucher extrem komfortabel – auch weil die intakten Korallengärten im Norden direkt vor der Küste liegen.
TAUCHSPOTS DIREKT VOR DER TÜR
Die Crew ist unglaublich freundlich und aufmerksam. Vor und nach jedem Tauchgang wird die Luftmenge gecheckt. „Auch damit wir die Buddyteams entsprechend einteilen können“, erläutert Basis-Chef Sammy die Praxis. Statt karibisch-typischer 40-Minuten-Tauchgänge werden hier meist 60 Minuten angepeilt.
Der nächste Spot ist Pigeon Point. Begegnungen mit Haien und Großfischen sind auf Saint Lucia leider selten. Die UW-Architektur ist von Korallen und Schwämmen geprägt. Beeindruckend sind die großen Gorgonien. Immer wieder jagen Schulen der violett-gelben Kreolenlippfische durchs Riff. Perlen-Kofferfische wühlen nach Würmern. Häufig lassen sich die karibiktypischen Spinnenkrabben und Flamingozungen-Schnecken entdecken.
Zurück an Land ist wieder eine kleine Tour geplant. Die Karibikinsel ist nicht nur bei Tauchern und Trekkingfans beliebt. Mehr als 170 Vogelarten tummeln sich hier, darunter der Saint-Lucia-Papagei, den es nur hier gibt. Im Herzen der Insel verläuft der Miller Bird Sanctuary Trail, ein Pilgerpfad für Ornithologen.
Neben dem Besuch von Castries mit seinen Märkten, historischen Holzhäusern, der Kathedrale und einem gigantischem, 400 Jahre alten Samaan-Baum am Walcott Square steht eine Plantagen-Tour zur Morne Coubaril Estate auf dem Plan. Abends folgt ein Abstecher ins Fischerdörfchen Anse la Raye. Jeden Freitagabend gibt es hier das „Fish Fry“ mit Meeresfrüchten, kreolischer Küche und Livemusik. Locals feiern zusammen mit den Touristen.
Auf der Vulkaninsel mit dunklem Lavasand und heißen Schwefelquellen blühen überall Oleander, Hibiskus und wilde Orchideen. Dschungel, Lavastrände und Korallenriffe – dazu die beiden Pitons, die sich wie riesige Kegel aus dem Meer erheben: Saint Lucia ist einfach magisch!
WEITERE KARIBIKZIELE
INFO
Das zu den Kleinen Antillen zählende Insel ist mit 616 Quadratkilometern so groß wie die Kanareninsel La Palma.
BESTE REISEZEIT
Saint Lucia ist ein Ganzjahresziel mit warmem, tropischen Klima. Von Juni bis November etwas mehr Regen.
TEMPERATUREN
Lufttemperaturen zwischen 24 und 30 Grad Celsius. Wassertemperaturen 21 bis 29 Grad Celsius.
WÄHRUNG
Die Währung auf Saint Lucia ist der Ostkaribische Dollar. US-Dollar wird akzeptiert.
UNTERWEGS
Eine günstige Gelegenheit, die Insel auf eigene Faust zu erkunden, sind die öffentlichen Busse – wie häufig in der Karibik die sogenannten „One-Dollar-Minibusse“. Mietwagen sind ebenfall eine gute Empfehlung. Linksverkehr!
UNTERKÜNFTE
Anse Chastanet Resort,
www.ansechastanet.de
Jade Mountain,
www.jademountain.com
Sandals Resorts Saint Lucia:
Regency La Toc
Halcyon Beach
Grande Saint Lucian
www.sandals.de
Tauchbasen
Scuba Saint Lucia
www.scubastlucia.com
Dive Saint Lucia
www.divesaintlucia.com
ANREISE
Direktflug ab München. Ansonsten via London Gatwick. Flugdauer rund zehn Stunden.
INFORMATIONEN
Saint Lucia Tourist Board
Tel. 06172/499 41 38
www.stlucia.org
REISEVERANSTALTER
www.action-sport.de
www.aquaactive.de
www.artoftravel.de
www.karibikreisen.com
www.karibik-tauchreisen.de
www.orca.de
www.sub-aqua.de
BU´s
Die Karibikinsel mit den Pitons ist ein echtes Vegetationswunder. Unter Wasser begeistern die Rifflandschaften: Zwischen Korallen und Schwämmen lassen sich juvenile Franzosen-Kaiserfische und leuchtende Feilenmuscheln entdecken.
Fantastische Sichtweiten bei den strömungsreichen Spots.
Der dichte dunkelgrüne Dschungel ist der Reichtum von Saint Lucia.
Mit Schwämmen und Korallen über-wuchert ist das Wrack „Lesleen M“.
Feiner, brauner Lavasand am Anse Chastanet Resort.
Die Architekten der Riffe sind riesige Fass- und Tonnenschwämme. am Riff.