Die größte Wassersportmesse der Welt schlägt auch in Online-Zeiten große Wellen und macht klar: Dem Kauf per Klick fehlt nicht nur die emotionale Komponente, sondern auch das Erlebnis beim Ausprobieren. Aber die digitalen Alternativen werden kommen. Sind virtuelle Tools die Sargtischler für Mega-Events wie die „boot“?
Vielleicht gibt es Messen wie die „boot“ und Shopping-Malls bald nur noch virtuell, wenn die Nervereien beim Kauf per Klick beseitigt werden. Wer kennt das nicht? Sie bestellen am Mittwoch online Tauchequipment – am Freitagmittag soll geliefert werden. Doch statt zu klingeln, hat der Postbote den Abholschein einfach in den Briefkasten geworfen. Auf dem Zettel steht, dass man das Paket am Montag in der Hauptzentrale am anderen Ende der Stadt abholen kann. Und wenn man nach Schlange stehen und der Fahrt durch verstopfte Straßen zu Hause angekommt und das Paket öffnet, merkt man: Der Anzug ist zu groß und die Maske sitzt nicht richtig.
Neben der fehlenden Anprobe ist der Versand das Nadelöhr des Online-Shoppings. Drohnen- oder Roboter-Lieferung soll Abhilfe schaffen. Als Alternative hat Amazon vorerst für Lebensmittel den „Fresh Pickup“ entwickelt. Dort holen die Kunden ihre Waren selbst ab, die sie online geordert haben. Die an einem Parkplatz aufgestellte Station erinnert an ein Drive-In. Amazon-Mitarbeiter mit grünen Schürzen laden die bestellte Ware direkt in den Kofferraum.
Ich gehe weiter durch die Taucherhalle 3 auf der „boot“. An einem Verkaufsstand schnappe ich eine Unterhaltung auf: „Bei diesem Trocki sind die Boots zu klein. Könnt ihr die ändern?“, fragt ein Kunde. „Klar doch“, sagt der Verkäufer und gibt einem anderen Taucher den Tipp, das Jacket besser in der Größe XL zu nehmen.
Ein ähnliches Szenario wird online schwierig, aber das Manko der fehlenden Beratung möchte Jeff Bezos mit dem „Supermarkt der Zukunft“ ausgleichen. Der Amazon-Gründer hat mit seinem Portal das Einkaufen verändert und sich zum reichsten Menschen der Welt gemacht. Sein neuer Shopping-Tempel mit Avataren als Berater soll den Online-Einkauf revolutionieren. Mit „Amazon Go“ wurde jüngst der erste Supermarkt ohne Kassen eröffnet. Im Herbst wird ein Einkaufswagen-Prototyp getestet: „WiiGo“ heißt der selbstfahrende ShoppingBegleiter, der nicht nur dem „Herrchen“ folgt, sondern eigenständig Waren aus dem Regal holt und direkt abkassiert. Während ich mich auf der Messe mit einem Reiseveranstalter über Tauchdestinationen austausche, frage ich mich: Wie wird man in 20 Jahren reisen? Ein Zukunftsszenario dazu hat Spiegel Online gemeinsam mit dem Ars Electronica Futurelab in Linz entworfen. Der Begriff Trockentauchen bekäme dann eine neue Bedeutung: Man säße Cracker knabbernd mit der Virtual-Reality-Maske auf der Couch, während man Fischschwärme beobachtet oder ein Wrack erkundet. Brave New World! Guides wie Apples „Siri“ oder Amazons „Alexa“ sind nur die Vorboten: Bis 2038 soll es der Studie nach Standard sein, von einer künstlichen Intelligenz begleitet zu werden. In jedem Gegenstand soll sich ein Chip befinden, der mit dem Internet verbunden ist.
Zukunftsforscher erwarten, dass ab dem Jahr 2025 Sensoren auf unserer Haut Vitalparameter registrieren. Ein Armband misst alle Körperfunktionen. Vielleicht stoppt „Alexa“ die Online-Tauchreise-Buchung: „Sie haben Übergewicht und erhöhte Fettwerte und dürfen nur bis zu einer Tiefe von 20 Metern tauchen, sonst erlischt die Versicherung.“ Die Krankenkasse schickt sofort eine Anpassung der Beträge. Werden Avatare, Roboter und Drohnen den Arbeitsmarkt zerstören? Nicht unbedingt: Für Walmart wird gerade ein neuer Zustelldienst getestet. Kurierfahrer öffnen mit einem persönlichen Code die Tür und stellen die Waren in der Wohnung ab. Laut Ars Electronica werden neue Berufe entstehen: Sobald autonom fahrende Lkws die Autobahnen verlassen, werden sie von Human-Takeover-Truckern mit VR-Brille und Joystick ans Ziel gesteuert. Nebenbei macht man vielleicht eine Umschulung zum Innenarchitekten für virtuelle Räume. Was, wenn Instructor-Roboter den Tauchlehrern Konkurrenz machen? Kleiner Tipp: Einfach das Ladekabel rausziehen!
„Online-Riesen setzen den Handel unter Druck. Messen und Ladengeschäfte werden sich in Zukunft verändern“, so TAUCHEN-Redakteur Michael Krüger.