50 Euro für einen Tauchgang, und 100 Euro für eine Atemregler-Revision? Viel zu teuer? Dumpingpreise und aggressive Marktpolitik ruinieren nicht nur den Wettbewerb, sondern auch Menschen, Tiere und die Umwelt: Geiz ist ungeil!
Was, 50 Euro hast du für einen Bootstauchgang am Mittelmeer bezahlt?“, fragt ein Freund entsetzt, als ich von einer Frankreichreise erzähte. „Wieso sind 50 Euro viel, wenn ich von einem Guide begleitet werde, der eine Stunde mit mir und meinem Buddy unter Wasser verbringt?“, antworte ich. Die jeweils 15-minütige An- und Abfahrt mit dem Boot, Benzinkosten, Check-In und letztlich die Verantwortung des Tauchlehrers außer Acht gelassen. Er habe in Indonesien für zehn Bootstauchgänge aber weniger als 200 Euro bezahlt. Bei den Lohntarifen in Asien und den Gegebenheiten sind natürlich andere Preise möglich. „Hast du eigentlich die 1000 Euro für den Flug addiert?“, frage ich. Schweigen.
Natürlich verlieren viele Preise ihre Relation: Wie kann es sein, dass ein Flug nach Mallorca 19 Euro kostet? Knapp 20 Euro für 1600 Kilometer Flugstrecke! Für den gleichen Preis bekommt man im Kaufhaus einen Pullover. Gut, der wird zwar unter katastrophalen Zuständen in Bangladesch produziert, aber dieses Land ist nicht nur der größte Textilhersteller der Welt, sondern hat auch den geringsten Anteil an „Kinderarbeitslosigkeit“ zu verzeichnen. Man könnte für das Geld auch zwei Kilogramm tiefgefrorene Seelachsfilets beim Discounter kaufen. Also rund ein Dutzend filetierter Fische, die unter fragwürdigen Bedingungen mit einem noch fragwürdigerem Siegel angeblich nachhaltig gefischt und an die Frau oder den Mann gebracht werden. Glücklicherweise können Fische nicht schreien und selbst wenn, würden wir es nicht hören, weil sie weit weg von uns auf gigantischen Fischtrawlern ersticken, lebendig zerteilt oder als Beifang ins Meer zurückgeworfen werden. Von den Zuständen in den Textilfabriken bekommt man auch nur etwas mit, wenn mal wieder ein Gebäude einstürzt, in dem 1000 Menschen schuften, um Wegwerfmüll für Industrienationen herzustellen. Vielleicht sollte man für 19 Euro lieber lässig einen doppelten Highland-Whiskey in der Bridge Bar der Elbphilharmonie schlürfen oder das Geld in ein Schutzhüllen-Schnäppchen für das 1000-Euro-iPhone stecken.
Der berühmte „Geiz ist geil“-Slogan wurde übrigens vor langer Zeit für eine Elektronikhandelskette entwickelt. Texter der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt kreierten 2002 den Satz, der als Mantra im deutschen Konsumentenverhalten verankert ist und seit dem immer wieder für Sale-Aktionen reaktiviert wird. Was ist attraktiv an Knickerei? Würde man cineastische Geizhälse und Halsabschneider wie Ebenezer Scrooge aus „Charles Dickens Weihnachtsgeschichte“, Dagobert Duck aus Entenhausen, J. R. Ewing aus „Dallas“ oder Gordon Gekko aus „Wallstreet“ im Freundeskreis haben wollen? In der Bibel wird die Habsucht als eine der sieben Todsünden beschrieben und auch wenn ich nicht sonderlich religiös veranlagt bin, so empfinde ich diese Gier als negative Eigenschaft, die über Sparsamkeit hinausgeht.
„100 Euro für eine Atemregler-Revision? Das ist ja Wucher“, hörte ich einmal in meiner Tauchbasis. Erstens hängt an der Funktion des Automaten das eigene Leben. Außerdem ist eine Revision eine verantwortungsvolle Tätigkeit. Der Regler wird in die Einzelteile zerlegt, gereinigt, desinfiziert und gecheckt. Die vorgeschriebenen Revisionsteile und verschlissenen Elemente werden ersetzt. Danach wird der Atemregler wieder montiert, eingestellt und geprüft.
Glücklicherweise schätzen immer mehr den Wert der Arbeit, wissen um die Konsequenzen, die Dumpingtarife auf Wirtschaft, Menschen, Tiere, Umwelt und die Gesundheit haben. Qualität, Langlebigkeit, Service sowie die Produktionsbedingungen in den Herstellungsländern rücken bei vielen immer mehr in den Fokus. Wenn Sie gute Vorsätze für das neue Jahr wünschen, kann ich Ihnen wärmstens das TAUCHEN „Save the Ocean“-Special empfehlen.
„Hauptsache billig und am besten umsonst. Glücklicherweise setzt sich langsam der Qualitätsgedanke durch“, sagt TAUCHEN-Redakteur Michael Krüger.
Euro-Schnäppchen zu Dumpingpreisen sorgen für einen ruinösen Wettbewerb.