Warum begeistern sich immer mehr für Nixen, die sich mit Muschel-Top und bunter Plastikflosse am Pool herumräkeln? Vielleicht, weil die Kombination aus Modeln und Apnoetauchen mit Monoflosse eine anspruchsvolle Disziplin sein kann? Ich glaube, viele Taucher würden bei der Belastung ans Limit kommen.
Am TAUCHEN-Stand auf der „boot“ 2018 wurde Münchens Nixe Daniela Rodler von den Messegästen umringt. Jedes Mal, wenn sie den goldenen Schuppenanzug überstreifte, sorgt sie nicht nur bei Kindern für leuchtende Augen, sondern begeisterte auch viele erwachsene Besucher. In den Beifall mischten sich immer wieder auch Misstöne: „Nixennippes“ oder „das hat doch nichts mit Tauchen zu tun!“ Natürlich findet nicht jeder Gefallen an dieser Fantasy-Variante des Apnoetauchens. Sicher ist, dass Mermaiding häufig eine taucherische Herausforderung ist. Dazu muss man wissen, dass Profis auch mal in 30 Meter Tiefe auf einem Wrack posen – ohne Maske und ohne Flasche. Da sollte man dem Buddy schon blind vertrauen können, denn erstens sieht man den nur verschwommen und zweitens hat man selbst kein Atemgas dabei. Und dabei muss die Meerjungfrau entspannt posen und modeln können. Unterschiedliche Gesten anbieten, damit der UW-Fotograf zufrieden ist. Das Gleiche gilt auch bei Shootings mit Haien, bei dem die Sicherheitsaspekte besonders sorgfältig geplant werden müssen.
Die meisten Mermaids sind gute Apnoetaucher und können pro-blemlos mehrere Minuten die Luft anhalten. Auch ein Tauchschein ist Standard, weil ansonsten das Know-how, die Verständigung sowie die Luftversorgung durch Sicherheitstaucher problematisch wäre. Das UW-Modeln ist häufig ein harter Job. Und teilweise bitterkalt. Daniela war schon eine halbe Stunde in einem zwölf Grad kalten Gebirgssee und in einem Flussaquarium zugange. Ich glaube kaum, dass ein Taucher, der gerade diese Kolumne liest, um sich über das „Püppchen-Getüddel“ aufzuregen, eine halbe Stunde mit Tropenanzug im Baggersee unter Wasser aushalten würde. Und dabei noch strahlend lächeln? Das wäre für viele von euch selbst an Land eine unüberwindbare Hürde.
Ein weiteres Hindernis: Mermaids sind meist sehr sportlich und schlank. Das hat nicht nur optische Gründe, sondern liegt auch an der Monoflosse. Ambitionierte Nixen verwenden Spezialanfertigungen aus Silikon, weil diese Modelle auf Fotos realistischer aussehen. Satte 15 Kilogramm bringt so ein Fischschwanz auf die Waage. Die Schläge bei diesem Delfin-Kick, dem „Hoola Stroke“ kommen aus der Hüfte und dem Rücken. Das Flossenschwimmen muss entsprechend trainiert werden. Ein maßgeschneidertes Top-Modell aus den USA kostet sportliche 3000 Euro. Mittlerweile gibt es mehr als 50 Kursanbieter und sogar eigene Magazine, denn Mermaiding ist ein globaler Trend geworden: Seit 2011 hat allein die Firma „Magictail“ mehr als 20 000 Meerjungfrauenkostüme in mehr als 100 Länder verkauft!
Die mythischen Sirenen sind oben herum weiblich, während ihr Unterkörper einem Fischschwanz gleicht und lockten Seeleute mit ihrem Gesang an, um sie zu töten. Kein leichter Tobak, aber die Disney-Studios zauberten daraus familientaugliche Unterhaltung wie „Arielle – die Meerjungfrau“. Lesetipp: Das „Kleine Handbuch für Meerjungfrauen und Nixen“ von Daniela Rodler und Stephanie Naglschmid (www.naglschmid.de). Die Fabelwesen sollen bei unerfüllter Liebe zu salzigem Seeschaum zerfallen. Ein ähnliches Schicksal bleibt Mermaids erspart, aber zurück an Land plagt sie häufig eine Flut irdischer Beschwerden wie Muskelkater, rote Augen und Erkältungen. Ist das die Mühe wert? „Wenn ich die Zuschauer in dieses imaginäre Reich bringen kann, ist das mein Elixier“, sagt Daniele Rodler. Viele Nixen hoffen, dass Taucher mit gleicher Leidenschaft dabei sind wie die „Meerjungmänner“ aus Neufundland: Mit ihrem Merb’ys-Kalender haben sie 300 000 Dollar für gute Zwecke gesammelt (www.nlbeardandmoustacheclub.com). Mermans werden übrigens traditionell unförmig, behaart und mit grünen Fischzähnen dargestellt. Also Männer – da geht was!