Mega-Scooter & Zombie-Diver KOLUMNE MICHAEL KRÜGER
Gibt es noch neue Impulse und Konzepte, um dem Tauchsport einen neuen Kick zu geben? Ja! Jedes Jahr eine neue Maske oder Flossenform zu erfinden ist zwar ähnlich sinnvoll, wie neue Zahnbürstenmodelle zu entwickeln – aber effektiv. Die Messe „boot“ hat gezeigt: An kreativen Ideen mangelt es der Tauchszene definitiv nicht.
Inflatorlösungen, die frei nach Waschmittel-Vokabular als „Mega-Trim“ oder „Hyper-Air“ getauft werden, verheißen neue Tariergenüsse. Vervielfachung und Reduktion wechseln im Produktlebenszyklus. Es ist wie bei den Fahrrädern. Die Evolution von Drei-, über Fünf- und Zehn-Gang-Schaltungen gipfelte in 30 Gängen bei Mountainbikes. Plötzlich sind Räder ohne Schaltung „State of the Art“. In vielen ärmeren Ländern Standard und bei Kurierfahrern beliebt, weil sie wartungsfreundlicher sind. Bei uns sind sie Luxusgegenstände und werden vor Cafés geschoben oder in der Wohnung ausgestellt. „Single-Speed-Bike“ klingt besser als „Eingang-Fahrad“. Gibt’s auch ohne Bremsen. Preis: 5000 Euro. Gaga? Nein! Kreative Werbeagenturen, die Spülmittel in der „Mystery-Collection“ kreieren, wissen um die Eitelkeiten ihre Zielgruppe.
Richtig interessant wird es, wenn man perfekte Konstruktionen irreversibel ändert und Folgekäufe unumgänglich macht. Was bei Smartphones und Computern funktioniert, sollte auch woanders klappen: Seit Jahren hängen sich immer mehr Taucher die Flaschen an die Seite. Warum? Sidemounttauchen ist ideal für Kaltwassertaucher, weil sie besser an die Ventile kommen. Für Warmwasser-Fans ist die Flasche auf dem Rücken nicht der schlechteste Ort. Vielen war es vorher gar nicht bewusst, dass sie dort stören soll. Aber bevor Marketing-Gurus „Grauschleier“, „Gefrierbrand“ und „Geruchskiller“ kreiert haben wusste auch niemand, dass es derartiges Übel zu bekämpfen gäbe. Als Essenz bleibt der Lifestyle-Faktor. Macht Sidemount mehr Spaß? Muss ja, wenn man zwei Tausender auf den Tisch gelegt hat. Endlich kann der heimwerkelnde Taucher an seiner individuellen Konfiguration herumbasteln. Custom-Style ist der Trend der Zeit. Nüchtern betrachtet, geht es beim Sidemount um die Entscheidung: Rucksack oder Umhängetasche? Will ich ständig drankommen oder möchte man bequem tragen? Neben der Individualität ist auch die Abgrenzung wichtig: „Sidemount Diver“ oder Sportaucher „Underground-Electro-Club“ oder „Uschis-Schlager-Scheune“? Sidemount-Taucher sind cooler. Genauso wie „Seatrekker“ (TAUCHEN Ausgabe 02/2017), die Outdoorwelten wie aus dem Globetrotter-Katalog leben.
Auch Apnoe hat der Branche einen neuen Kick gegeben. Schnorcheln klingt wie Schnarchen und weckt Hallenbad-Assoziationen. Deshalb machen jetzt alle Apnoe. Turnen und Gymnastik? Bei Wellness & Yoga rollt der Rubel. Und Mermaids, die Meerjungfrauen mit Monoflosse, sorgen nicht nur bei Kindern für glänzende Augen.
Für Zündstoff in den Social-Networks sorgte der von PADI entwickelte „Zombie-Apocalypse-Diver-Kurs“: „Mc Tauch!“, „Kommerz!“. Die Kombination aus Rescue-Diver-Kurs und Adventure-Game ist zumindest ein Ansatz, die spielerische Seite des Tauchens zu zeigen und neue Zielgruppen zu erschließen. Danke dafür!
Kann man aus den typischen ABC-Zutaten wie Glas, Gummi und Silikon Neues kreieren? Ja! Ocean-Reef baut Vollgesichtsmasken für Schnorchler und Taucher. Auch der Bereich UW-Fortbewegung boomt. Neben den Kraftmaschinen von Bonex, fielen die bunten Luxus-Scooter von Seabob ins Auge. Neu war der Mini-Jet „Divescooter“, der skurril aussehende „Duo“ sowie das UW-Fahrrad „Seabike“.
Was kommt noch? Wie wär’s mit Freemount? „Free“ klingt immer gut. Individuelle Flaschenbefestigung für alle! Ein Nachweis über orthopädische Vorteile steht aus, aber da wird sich was finden. Specials und Brevets sind in der Pipeline! Taucher lieben die Karten genauso wie neue Ausrüstungsgegenstände, die sie sich ans Jacket, pardon, ich meinte „BCD“ (Buoyancy Control Device), nageln können. Lasst die Köpfe glühen. Wir brauchen eure Ideen!
Die „boot“ hat wieder einmal das kreative Potenzial der Tauchbranche gezeigt: TAUCHEN-Redakteur Michael Krüger hat sich auf der Messe in Düsseldorf nach Innovationen umgesehen.