Die Brother Islands im Roten Meer bleiben für Taucher wegen einiger Unfälle gesperrt: Als Übeltäter werden Weißspitzen-Hochseehaie (Longimani) ausgemacht, die für die Attacken verantwortlich sind. Illegale Fütterungen, falsches Verhalten oder fahrlässige Tauchgangsplanung? Unser Mitgefühl gilt den verletzten Tauchern – dennoch bleiben viele Fragen offen.
Als Bösewichte haben viele Medien die Weißspitzen-Hochseehaie im Visier: Nach vier Vorfällen werden die Brother Islands im Roten Meervon Dezember 2018 bis zum 15. März 2019 für Taucher gesperrt. Drei kleinere Bissverletzungen und eine schwerere Attacke, bei der ein Taucher einen „starken Gewebeverlust“ an einer Wade erlitt, der in unterschiedlichen Quellen als mittlere bis schwere Verletzung beschrieben wird, sind der Grund. Es kursiert ein Youtube-Video im Netz, das den Unfall zeigt: Zwei Taucher mit Shortys werden von einem Longimanus neugierig umkreist. Es kommt zur Konfrontation. Ein Sidemount-Taucher verkennt den Ernst der Situation, schwimmt vorbei, ohne das Tier im Auge zu behalten. Der Hai dreht sich plötzlich zur Seite und beißt den Taucher in die Wade.
Sind Longimani generell aggressiv? Der Weißspitzen-Hochseehai ist sehr neugierig und kommt Tauchern gelegentlich näher, als ihnen das lieb ist. „Der Longimanus ist eine Hochseehaiart, die jede Gelegenheit wahrnimmt, Futterquellen zu erschließen“, so Friederike Kremer-Obrock von Sharkproject Germany.
Problem: illegale Fütterungen An den Brothers liegen manchmal bis zu 20 Schiffe gleichzeitig. Und immer wieder wird von Fütterungen berichtet: Hähnchenschenkel, die ins Wasser geworfen werden, um die Tiere für Fotos in die Nähe des Schiffs zu locken. Zu Fütterungen gibt es nur eines zu sagen: entweder richtig oder gar nicht! Wer Tauchgänge auf den Bahamas mit Baitball, einer Box oder aktivem Shark-Feeder erlebt hat weiß, dass sich die Tiere nur für das Futter interessieren. Wenn Fischabfälle vom Safariboot entsorgt werden, ist das brandgefährlich. Wer ist der Feeder? Für die Haie ist es nicht erkennbar, woher die Nahrung kommt, vermutlich checken sie deshalb die Taucher so genau ab.
Chaotische Tauchgangsplanung Warum sieht man immer wieder viel zu große Anfängergruppen an den Brother Islands oder dem Elphinstone Reef, die auch ohne Haibegegnungen von den Tauchplatzbedingungen überfordert sind? Zahlreiche Youtube-Videos wie „Der Longimanus und der Chinese“ vom 13. Oktober 2018 dokumentieren den Leichtsinn: Zehn Taucher, darunter viele Anfänger, werden von einem Longimanus unter die Lupe genommen. Einige Taucher zappeln wild herum, was die Neugierde des Hais steigert. Zwei Taucher haben Tarierprobleme und schießen unterbleit, zur Oberfläche – dann wird der Longimanus aufdringlich. Ein Guide ist nicht erkennbar. Das in diesem Chaos kein Unfall passiert ist, grenzt an ein Wunder. Ein anderes Video mit dem Titel „Falsches Verhalten – Longimanus“ zeigt, wie ein Taucher versucht, einen Jäger mit Flossenschlägen zu vertreiben, was das Gegenteil bewirkt. Es folgt ein panischer „Essoufflement-Abstieg“ mit Haiverfolgung.
Hai-Briefing ist wichtig Gute Guides erklären das Prozedere eines Haitauchgangs im Briefing und sorgen für Sicherheit. Ruhig bleiben, die Haie immer im Auge behalten, eine aufrechte Position einnehmen und die Arme am Körper halten! Wie Hai-Verhaltensforscher Dr. Erich Ritter von SharkSchool sagt: „Es gibt keine gefährlichen Haie. Es gibt nur gefährliche Situationen!“
All-inclusive-Sharks? Die Erwartungshaltung ist groß Solange der Rubel rollt, gibt’s auch keine Meuterei an Bord des Safarischiffs – also wird illegal gefüttert, damit die Haie vor Ort sind. Ein Reiseveranstalter berichtete mir, dass ein Taucher Geld zurückforderte, weil er nicht die im Katalog abgebildeten Haie gesehen habe.
Neue Sicherheitsregeln? Man sollte über Zugangsvoraussetzungen an Spots mit Haibegegnungen nachdenken: 100 geloggte Tauchgänge, AOWD-Brevet, ein Briefing zum Verhalten bei Haitauchgängen und ein Check-Dive. Wenn sich nichts ändert, werden sich solche Fälle wiederholen – eine Pause ist sinnlos. Bleibt zu hoffen...
„Wer mit Haien taucht, sollte wissen, wie sie ticken. Gute Vorbereitung und ein detailliertes Briefing sind wichtig“, sagt TAUCHEN-Redakteur Michael Krüger.
Weißspitzen-Hochseehaie sind neugierig und zeigen wenig Scheu vor Tauchern.