Langweilig, teuer, überflüssig? Auch wenn einige Messen wie von der Evolution überholte Dinosaurier von der Bildfläche verschwinden, bleibt das Mega-Event „boot“ als Fels in der Brandung auf Kurs. Hoffentlich bleibt die Lobby der Tauchbranche als Teil dieser Erfolgsgeschichte an Bord.
Nach dem überraschenden Ende der „Cebit“ liest man öfter von einem „Abgesang auf ein überholtes Format“. Anders als die Computermesse ist die „boot“ aber keine Kulisse für einen Film, der nicht mehr läuft, sondern segelt auf Erfolgskurs und bewegt sich dabei in einem ständigen Transformationsprozess. Letzter sorgte beim 50-jährigen Jubiläum für Verstimmung, weil ein Umzug in die Hallen 11 und 12 geplant ist. Verständlich, weil angeblich 250 Interessenten auf der Warteliste der Messe stehen. Ärgerlich, wenn die Aussteller nicht in die Planung involviert werden und fürchten, ihren Stammplatz einzubüßen oder den Charme der Taucherhalle durch eine sachliche Neueinteilung zu verlieren. „Never change a winning team!“
Wer braucht überhaupt eine Messe, wenn man alles online bestellen kann? Natürlich kann das Internet als schnellste Informationsquelle die persönliche Beratung nicht ersetzen. Dabei geht es nicht nur um die Haptik oder Anprobe, sondern um Kontakte und Gespräche. Bei Reiseveranstaltern, Herstellern und am TAUCHEN-Stand konnten sich die Besucher mit Journalisten, Globetrottern und UW-Fotografen über Reiseziele und Ausrüstung austauschen.
Auch die Art der Präsentation ändert sich. Auf der Internationalen Automobilausstellung IAA zeigte sich ein absolutes Superschwergewicht der Branche nicht in Trump-Manier als „Mercedes First!“, sondern offen und modern im „Convention Space“. Statt Muskeln spielen zu lassen, wurde an drei Tagen auf dem Mercedes-Symposium über die Zukunft der Automobilität diskutiert. Innovative Technologien und Start-ups bekamen ein Forum und konnten sich als Teil der Company präsentieren. Der Besucher erlebte ein offenes Konzept für Kooperation und Kommunikation von Zulieferern bis zum Finish der Edelmarke. Möglicherweise oder höchstwahrscheinlich ist das eine Masche, aber sicherlich auch mutig und wegweisend.
Die Tauchbranche genießt als Schmelztiegel unterschiedlichster Bereiche wie Reisen, Ausbildung, Technik, Medizin, Meeresschutz und Fotografie einen Sonderstatus. Wo sonst kann man besser in diesen Mikrokosmos eintauchen als auf einer Messe? Interessenten konnten auf der diesjährigen Show mit VR-Brillen virtuelle Tauchgänge erleben oder in den Pools die ersten Atemzüge unter Wasser nehmen. Im „Dive Center“ erlebten Neueinsteiger das Feeling vom Betrieb in einer Urlaubstauchbasis. Das macht Lust aufs Tauchen und neugierig auf Kurse, Equipment und Reisen – ein klasse Konzept!
„boot“-Chef Petros Michelidakis kann absolut zufrieden sein: Mit 250 000 Gästen war die Messe in Düsseldorf ein voller Erfolg. Fast 2000 Unternehmen aus 73 Ländern waren an Bord und haben gezeigt, dass Messen nach wie vor ein zentrales Instrument im Marketing-Mix sein können. Das bestätigt auch die Studie „Messetrend 2017“ des Verbands der Deutschen Messewirtschaft (www.auma.de). Mehr als 80 Prozent aller Unternehmen betrachten solche Warenschauen als sehr wichtiges Element ihrer Kommunikation.
Statt Besuchern und Mitbewerbern mit gigantischen Ständen zu imponieren, geht es immer mehr um Dialog und Vernetzung – oder neudeutsch People-Business und Networking. Nur dann bleibt die Messe ein Live-Erlebnis und Wassersport-Highlight. Dass eine neuntägige Messe Sinn macht, um Yachten auszustellen, ist natürlich einleuchtend. Ein Großteil der Tauchbranche könnte sichbestimmt für eine kürzere und damit günstigere Messe begeistern.Ansonsten freuen wir uns, wenn wir auch 2020 um 10 Uhr, leicht angeschlagen wieder das obligatorische „Guten Morgen, Sonnenschein“ über uns ergehen lassen dürfen, um nach einem anstrengenden Messetag ab 18 Uhr zu den Standpartys zu ziehen und mit der Tauch-Community gemeinsam zu feiern.
„Die ,boot‘ bleibt als kreative Spielwiese spannend und zeigt, wie wichtig Messen auch in der digitalen Zeit sind“, sagt TAUCHEN-Redakteur Michael Krüger.
Virtual- und Augmentet-Reality werden bei Messen weiter in den Fokus rücken.